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Jan Harpstedt


Anschluss an die Welt - die Eisenbahn „Jan Harpstedt”



Am 6. Juni 1912 wurde die Eisenbahnverbindung Delmenhorst-Harpstedt mit einem Festzug feierlich eingeweiht, im zunächst provisorischen Empfangsgebäude in Heiligenrode begrüßt von Krieger- und Schützenverein, sowie den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr. Tags zuvor hatte eine Kommission mittels Sonderzug die Strecke befahren zum Zwecke der Besichtigung der Örtlichkeit und Feststellung von Beanstandungen.
Als Aufsichtsbehörden waren u.a. vertreten:
Der Regierungspräsident zu Hannover
Das Großherzogliche Ministerium der Finanzen
Die königliche Eisenbahndirektion zu Münster
Die Großherzogliche Eisenbahndirektion zu Oldenburg
Das Landesdirektorium zu Hannover
Der Großherzogliche Amtshauptmann zu Delmenhorst
Die Stadt Delmenhorst
Der Königliche Landrat des Kreises Syke
Diese Zusammensetzung kennzeichnet schon die unterschiedlichen Interessensphären, die zu gemeinsamer Finanzierung zusammengeführt werden mußten. Bei einer gesamten Streckenlänge von 22,5 km lagen 4,9 km auf oldenburgischem und 17,6 km auf preußischem Gebiet. Zum Bau und zur Verwaltung wurde die Delmenhorst-Harpstedter-Eisenbahngesellschaft mbH gegründet, in der die beteiligten Gebietskörperschaften Gesellschafter waren.
Der Eröffnung dieser „Kleinbahn” waren vielfältige Bemühungen voraufgegangen, um mit dem Anschluß an das im Aufbau befindliche Eisenbahnnetz Zugang zu den modernen Handelswegen zu erlangen und damit der heimischen Wirtschaft Auftrieb zu geben. Bereits 1864 war der Magistrat und Bürgerausschuß des Fleckens Harpstedt sowohl beim Königlichen Gesamt-Ministerium zu Hannover sowie auch bei der Ständeversammlung des Königreiches Hannover betreffend Bau der Paris-Hamburger Eisenbahn vorstellig geworden mit der dringenden Bitte, die Strecke Osnabrück-Bremen über Harpstedt zu führen. Diese Streckenführung würde der bisher vom Weltverkehr abgeschnittenen Region wirtschaftlichen Aufschwung bringen.
Später wurde erwogen, eine Bahn von Harpstedt über Brinkum nach Bremen zu führen, auch eine Weiterführung in südlicher Richtung zum Anschluss an die Strecke Osnabrück-Bremen war im Gespräch. Die Streckenführung über Brinkum nach Bremen soll übrigens überwiegend durch Brinkumer Lobby vereitelt worden sein, weil befürchtet wurde, dass man Bremen statt Brinkum als Einkaufsort empfehlen würde.
Trotz aller so modern anmutenden Argumentationen war der Anschluss an den Weltverkehr erst 1912 vollzogen, damit dann aber auch für unsere Gemeinden Heiligenrode und Groß Mackenstedt. Hier ergaben sich doch entscheidende Vorteile für Handel und Wandel, für den Transport landwirtschaftlichen Bedarfs und landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Eine „Kleinbahn” war es nicht geworden, denn die Schienenspurweite von 1,435 m ist Normalspur, und so konnte jeder Anschluss in Delmenhorst hergestellt werden.
Auch die Heiligenroder Postagentur musste ihre Gewohnheiten umstellen. Nach dem ersten Landbriefträger hatte eine Postkutsche die Anlieferung und Abholung von Postsachen übernommen. Nun wurde auch diese außer Dienst gestellt, und zweimal am Tage mussten die inzwischen vier Boten der Postagentur Heiligenrode mit Handkarren zum Bahnhof, um die Sendungen von und nach Postamt Bremen 5 per Eisenbahn zu befördern.
Den größten Nutzen aus dem Eisenbahnverkehr zog offenbar aber die aufblühende Gastronomie in Heiligenrode. Und sicherlich sind auch von dort wesentliche Impulse zur Streckenführung - möglichst nahe an Heiligenrode vorbei - ausgegangen.
1914 wurde das noch jetzt bestehende Bahnhofsgebäude in Heiligenrode-Malsch eingeweiht, und man sagt, daß der Bahnsteig, der sich heute noch jenseits der Straße fortsetzt, so lang sein musste, weil an Wochenenden so viele Ausflügler kamen. Immerhin fuhren Personenzüge direkt von Bremen über Delmenhorst nach Harpstedt.
Im Jahre 1927 allerdings hat es die Kleinbahn-Direktion noch geschafft, den von Gastwirt Franz Müller aufgebauten Omnibusbetrieb zwischen Bremen und Heiligenrode zu untersagen. Zwischen Bremen und Seckenhausen verkehrten damals schon täglich viermal Omnibusse. Heiligenrode genoß den Vorzug, in den Fahrplänen erwähnt zu werden mit „Von Station Gläscher ca. 25 Min. nach Heiligenrode”, dieser Weg mußte dann allerdings zu Fuß zurückgelegt werden.
1976 wurde der Verein „Delmenhorst - Harpstedter Eisenbahnfreunde” mit dem Ziel gegründet, einen Museumsbahnbetrieb auf der Strecke der Delmenhorst - Harpstedter Eisenbahn (DHE) einzurichten und geeignete alte, zur Verschrottung vorgesehene Eisenbahnfahrzeuge zu erwerben und wieder betriebsfähig herzurichten. Seit 1979 betreiben die Mitglieder des Vereins in ausschließlich ehrenamtlicher Arbeit die Historische Kleinbahn „Jan Harpstedt” und schließen damit an eine Tradition der 30iger Jahre an, als auf der Kleinbahn Delmenhorst - Harpstedt sonntags starker Ausflugsverkehr zu verzeichnen war.